Spritzguss-Automation
Letzter Autor: induux Redaktion
Bei der Spritzguss-Automation geht es darum, Spritzgussmaschine automatisiert zu betreiben. Einfache Spritzguss-Automation dient lediglich der Entnahme von Spritzgussteilen, in der Regel wird diese Aufgabe mit einfachen Entnahmehandlings bzw. Linearroboterkinematiken gelöst, die Fertigteile einfach nacheinander auf ein getaktetes Förderband legen, auf dem sie abkühlen und aus der Automationszelle gefördert werden.
Bei aufwändigeren Spritzgussteilen, sogenannten Hybridkunststoffteilen müssen zuvor Einlegeteile vorpositioniert und in das Spritzgusswerkzeug eingelegt werden, die dann mit Kunststoff umspritzt werden. Bei diesen Automatisierungen von Spritzgießprozessen müssen in der Regel noch zahlreiche weitere Teilprozesse in der Einlegeteilvorbehandlung und der Fertigteilnachbearbeitung und Prüfung automatisiert werden. Hier kommen sehr häufig Industrieroboter zum Einsatz. Die Teile werden in der Regel mehrfach gespritzt, also in einem Spritzgießwerkzeug mit mehreren identischen Kavitäten.
Standortbedingt nimmt die Zahl der anspruchsvolleren Herstellungs- und Bearbeitungsprozesse gegenüber den vergleichsweise einfacheren Teilen immer mehr zu, wodurch die Bedeutung der Automation dieser Spritzgießprozesse immer größer wird.
Anforderungen an die Automation einer Spritzgießmaschine
Bei der Greifwerkzeugauslegung muss die Anzahl der Kavitäten beachtet werden. Um entsprechende Genauigkeiten zu erreichen, kann durch spezielle Vorrichtungen der Robotergreifer am Werkzeug angedockt werden.
Beim Entformen der Teile folgt der Roboter durch entsprechende Parametrierung den Auswerfern der SGM.
Bei der Entnahme muss ggf. auch der Anguss mit entnommen und vor dem Ablegen und Weiterverarbeiten der Fertigteile separat weggelegt werden.
Für die Kommunikation zwischen Automation und Spritzgießmaschine (siehe auch Hersteller Spritzgießmaschinen) wird herstellerunabhängig der EUROMAP-Standard verwendet.
Produktionsdaten müssen an übergeordneten ERP System- bzw. BDE-Systemen übermittelt werden, Qualitätsdaten zur Rückverfolgbarkeit gespeichert werden.
Zum Schutz der teuren und komplizierten Spritzgieß-Werkzeuge werden entsprechende Bereichsabfragen am Roboter realisiert und Arbeitsräume Räume sicher überwacht.
Je nach Reinheitsanforderungen an das Produkt muss der relevante Teil der Automation oder die gesamte Automation in einer Laminarflow-Box und entsprechender Clean-Umgebung untergebracht werden.
Die Bedienung und Überwachung komplexer Automationssysteme wird für das Bedienpersonal möglichst einfach und übersichtlich auf grafischen Bedieneinheiten abgebildet.
Prozesskette
Die Prozesskette in der Herstellung von anspruchsvollen Kunststoffteilen beinhaltet unterschiedliche Teilprozesse. Je nach Qualitätsanforderungen, Kundenanforderungen, Investitionsvolumen und gewünschtem Automatisierungsgrad kann der gesamte Prozess oder Teilbereiche automatisiert werden:
Einlegeteile zuführen - Einlegeteile vereinzeln - Einlegeteile positionieren - Einlegeteile kontrollieren - Einlegeteile temperieren - Fertigteil(e) entnehmen - Einlegeteil(e) einlegen - Fertigteil(e) temperieren - Montageaufgaben : Fügen, Verbinden, Bearbeiten - Prüfaufgaben: taktil, elektrisch, optisch - Kennzeichnen - Palettieren - Verpacken - Etikettieren
Einlegeteile zuführen, vereinzeln und positionieren
Einlegeteile oder auch Inlays genannt, sind Bauteile, die vor dem Spritzgießvorgang in das Werkzeug eingelegt und dann mit Kunststoff umspritzt werden. Sehr häufig sind es Metallteile, können aber auch Kunststoffteile sein, die dann mit einem anderen Kunststoff umspritzt werden. Um sie exakt vor dem Spritzgießvorgang in das Werkzeug einlegen zu können, müssen sie der Automation zugeführt werden. Das kann z.B. positioniert in Werkstückträgern über ein Palettiersystem geschehen. Kann aber auch über eine Schüttgutzuführung geschehen oder (sehr häufig bei der Herstellung von Steckersystemen) durch direkte Entnahme nach dem Ausstanzen aus einer Bandzuführung. Zur Vorbereitung von Einlegeteilen vor dem Einbringen ins Werkzeug gehört meist noch die Vollständigkeitskontrolle, sowie ggf. das Reinigen und meist das Temperieren -sprich Aufheizen- um die Temperaturverläufe im Spritzgießwerkzeug stabil zu halten. Danach werden die Inlays in der Regel noch passend zu der Anzahl der Kavitäten im Werkzeug und deren Abstand und Position auf eine Übergabestation gebracht, von der sie dann der eigentliche Einlegeroboter aufnimmt und in das Werkzeug der SGM einlegt. Diese Vorarbeiten werden in einem ersten Teil der Gesamtautomation von einem oder mehreren Hilfsrobotern, sehr häufig Scara-Roboter, ausgeführt.
Inlayteile einlegen und Fertigteile entnehmen
Die in richtiger Lage und Abstand vorpositionierten Einlegeteile werden vom Einlegeroboter mit einem speziellen Mehrfach-Greifwerkzeug, welches meist mehrseitig ausgeführt wird, aufgenommen. Nachdem das Werkzeug der Spritzgießmaschine nach einem Spritzzyklus geöffnet hat stehen in der Regel auf einer Werkzeugseite die Fertigteile zur Entnahme bereit und auf der anderen Werkzeugseite müssen die Einlegeteile eingelegt werden (bei komplexeren Teilen ggf. auch auf beiden Seiten). Daher hat das Greifwerkzeug (oft auch als Greifhand bezeichnet) mehrere Funktionsseiten. Mit einer Funktionsseite werden nun zunächst die Fertigteile und ggf. der Anguss entnommen um dann mit der anderen Funktionsseite die Einlegeteile in das Werkzeug einzulegen. Die Werkzeug-Offen-Zeit gilt es dabei so gering wie möglich zu halten. Um beim Einlegen der Einlegeteile die erforderliche hohe Genauigkeit zu erzielen wir der Robotergreifer häufig über konische Fangbuchsen im Spritzgießwerkzeug fixiert. Die Fertigteile werden teilweise mit dem Auswerfer der SGM entformt, damit diese nicht herunterfallen, muss der Entnahmeroboter die Teile vor diesem Vorgang bereits gegriffen haben und dem Weg des Auswerfers folgen.
Weiterbe- und Verarbeitung sowie Prüfung der entnommenen Spritzgießteile
Die fertig gespritzten Bauteile sind nach der Entnahme entsprechend heiß und in der Regel muss zunächst eine Abkühlung erfolgen, bevor nachfolgende Prüfung(en) und die Weiterverarbeitung erfolgen kann. Das wird in der Regel durch Abkühlen an der Umgebungsluft realisiert. Die nachfolgenden Prozess-Schritte erfolgen für jedes Bauteil einzeln, wenn der Entnahmeroboter die Bauteile mehrfach aus der SGM entnommen hat, ist ggf. nun noch die Vereinzelung erforderlich. Sehr häufig werden die Bauteile dazu auf einen Rundtatkttisch gelegt oder an ein nächstes Modul übergeben. Typische Prozesse, die nun folgen sind Nachbearbeitungs- und Montage- sowie Prüf- und Kennzeichnungsaufgaben. Bei Montageaufgaben kann es sich z.B. um die Montage von Rasthebeln bei Steckerbauteilen handeln oder das Ultraschallverschweißen oder Heißverstemmen mit anderen Bauteilen oder das Einsetzen und Einrasten von Anbauteilen. Typische Prüfaufgaben sind optische Taumelkreisprüfungen, sowie elektrische Durchgangsprüfung und Hochspannungsprüfung bei Steckkontakten, Durchgangsprüfungen bei eingeschweißten Membranen sowie generell optische Prüfungen auf vollständige Ausspritzung an kritischen Stellen. Fehlerfrei geprüfte Bauteile werden dann in der Regel noch als solche gekennzeichnet, oft ganz einfach über eine heiße Spitze, die einen kleinen Punkt im Bauteil hinterlässt, oft aber auch mit weitergehenden Informationen wie Fertigungsdatum, Kavitätennummer, Prüfergebnis o.ä., die in einem DataMatrix Code enthalten sind, der mittels Inkjet- oder Laserkennzeichnung aufgebracht wird.
Palettieren und Verpacken
Fertig geprüfte und verpackte Bauteile müssen in der Regel in Transportverpackungen abgelegt werden, aus denen sie beim Kunden vor der Weiterverarbeitung entnommen werden. Das sind häufig stapelfähige Trays, oft im Format einer Viertel oder Achtel-Europalette, die dann wiederum auf eine Europalette gestapelt werden und so in den Versand kommen. Diese Transportverpackungen sind oft KLT-Behälter mit werkstückspezifischen Inlays oder auch tiefgezogene Trays mit entsprechenden Werkstücknestern o.ä. Mindestens das Ablegen in diese Trays, die dann aufgestapelt werden, wird in der Regel noch in der Automationsanlage realisiert, aus der dann ein Bediener befüllte Traystapel entnimmt und auf Transportpaletten verpackt. Teilweise wird dieser Schritt aber auch noch in der Automationsanlage abgebildet inkl. dem automatischen Etikettieren der vollen Versandpalette mit den notwendigen Informationen zum Inhalt.