Robotergreifer Arten und Anwendungen

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Der Greifer ist Teil eines Roboters und häufig als letztes Glied in der kinematischen Kette unverzichtbar, er hält zum Beispiel das Werkstück oder Werkzeug, das von oder durch den Roboter bearbeitet werden soll. Ein Greifer gehört zum Umfeld der Greiftechnik und ist ähnlich der menschlichen Hand am Arm.
Synonym(e): Effektor, Roboterhand, Endeffektor, EOAT, Greifsystem, Greifersystem



Die Greiftechnik (siehe auch Hersteller und Anbieter im Bereich Greiftechnik) wird unterteilt in: (1) automatisierte Handhabung (2) manuelle Handhabung

Kuka Roboter mit speziellem Greifwerkzeug
Kuka Roboter mit speziellem Greifwerkzeug

Für Industrieroboter ist der Greifer (bzw. ein Greifersystem) ein unverzichtbares Element, es steht am Ende der kinematischen Kette. Der Greifer ist der Teil des Roboters, der die eigentliche Aufgabe ausführt und den Roboter so erst zu einer funktionalen Maschine macht. Der Greifer sitzt im Normalfall an der äußersten oder letzten Achse des Roboters und ist mit der Energieleitung verbunden. Greifer dienen somit zur Interaktion des Roboters: zum Greifen, Bearbeiten oder Drehen eines Werkstücks oder Werkzeugs.

Greifer lassen sich aufgrund ihrer Wirkung unterscheiden. Die verschiedenen Greif(er)systeme sind mechanisch, pneumatisch, magnetisch oder adhäsiv.

  • mechanische Greifer: Mechanische Greifer greifen im wahrsten Sinne des Wortes einfach zu. Oft ähneln sie der Hand eines Menschen oder sind eine Greifzange und es gibt sie als Einfinger- oder Mehrfingergreifer. Diese Greifersysteme können aus mehreren steifen Gelenken bestehen aber auch generell biegsam sein. Der Antrieb des mechanischen Greifers ist meistens pneumatisch. Es ist aber auch ein elektrischer oder mechanischer Antrieb möglich.
  • pneumatische Greifer: pneumatische Greifer sind Vakuumsauger oder Saugnäpfe, die das Werkstück ansaugen, um es zu transportieren / bearbeiten. Neben der Vakuum-Technik können die Werkstücke aber auch mittels Druckprinzip eingeklemmt werden.
  • magnetische Greifer: Hierbei wird das Werkstück magnetisch angezogen und kann so gehalten werden. Dabei gibt es zwei Arten von magnetischen Greifern: Permanentmagnetgreifer und Elektromagnetgreifer. Beim Permanentmagnetgreifer kann der Magnet nicht einfach "abgestellt" werden, weshalb das Werkstück, wenn es einmal am Mangeten hängt, mithilfe eines anderen Systems abgenommen werden muss. Der Elektromagnet kann durch elektrische Energie ein- und ausgeschaltet werden. So lässt sich das Werkstück greifen und auch wieder absetzen.

Greifsysteme können als Organe eines Roboters beschrieben werden. Die einzelnen Elemente sind u.a. Aktoren/Effektoren und Hilfseinrichtungen wie Handgelenkachsen, Wechselsysteme, Fügehilfen, Schutzeinrichtungen und Sensoreinheiten.

Die Teilsysteme des Greifers

Ein Greifer besteht aus unterschiedlichen Teilsystemen: dem Wirksystem (1), dem Antriebssystem (2), dem kinematischen System (3), dem Trägersystem (4) und dem Informationsverarbeitungssystem (5) (siehe Abbildung).

Teilsysteme eines Greifers
Teilsysteme eines Greifers einfach dargestellt

Wirksystem (1)

Beim Wirksystem handelt es sich um den Bereich des Greifers, der direkten Kontakt zum Werkstück hat und darauf die Greifkraft überträgt. Die Wirkstellen am Greifer nennt man Greiffläche oder aktive Wirkfläche, während die Wirkstellen am Werkstück Grifffläche (passiv) heißen.
Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie der Greifer das Werkstück halten kann. Dies nennt man Art der Wirkpaarung. Die Möglichkeiten der Wirkpaarung sind:

  • Kraftpaarung: Bei der Kraftpaarung wird vom Greifer aus Druck auf das Werkstück ausgeübt und es dadurch festgehalten.
  • Formpaarung: Bei der Formpaarung passen Werkstück und Greifer ideal aufeinander, sodass das Werkstück durch ein formgleiche Einfassung des Greifers gehoben werden kann. Hier muss viel weniger Druck aufgebaut werden als bei der Kraftpaarung.
  • Stoffpaarung: Die Stoffpaarung bedient sich der Technik der Adhäsion (sog. Anhangskraft). Diese ist in der Industrie jedoch bisher weniger weit verbreitet.

Antriebssystem (2)

Das Antriebssystem generiert die für den gesamten Greifvorgang benötigte Energie. So wird das Öffnen, Schließen und Halten des Werkstücks durch den Greifer möglich. Dabei kann die zugelieferte Energie sowohl mechanisch als auch hydraulisch, pneumatisch oder elektrisch sein. Im Antriebssystem wird die Energie dann in mechanische Energie (z.B. rotatorische Bewegungen) umgewandelt.

Kinematisches System (3)

Das kinematische System ist für die Übertragung der Energie von Antriebssystem zu Wirksystem zuständig. Es überführt die Bewegung des Antriebssystems in eine Abtriebsbewegung des Greifers. Damit die Greifglieder die gewünschte Bewegung, Greifkraft und Geschwindigkeit ausführen können (Schließen, Spannen etc.), gibt es unterschiedliche Greifergetriebe.

Trägersystem (4)

Zwischen dem Greifer und dem Endglied des Greiferführungsgetriebes besteht eine Verbindung. Dies ist das Trägersystem und bildet das Gestell des Greifers. Auch hier findet eine Übertragung von Kräften statt. Das Trägersystem hat folgende Eigenschaften:

  • Kopplung (starr oder beweglich) zwischen Greifer und Greiferführungsgetriebe
  • ermöglicht Auswechseln des Greifers
  • Informationsübermittlung und Energieübertragung zwischen Führungsgetriebe und Greifer

Informationsverarbeitungssystem (5)

Das Informationsverarbeitungssystem sammelt über Sensor wichtige Daten (z. B. Status des Greifers, Position des Werkstücks, Parameter der Greifaufgabe). Die gesammelten Informationen werden dann angepasst, verstärkt, ausgewertet und an die Steuerung übermittelt.

Greifer Arten und Greifersysteme

kollaborierendes Greifersystem von FAUDE

Da Greifer ein zentrales Element von Robotern sind, werden sie logischerweise überall dort angewendet, wo Roboter zum Einsatz kommen, also vorwiegend in der Industrie. Dort reichen die Einsatzmöglichkeiten in alle Industriezweige: von der Lebensmittelindustrie bis hin zur Automobilherstellung. Nachfolgend sind verschiedene Greifer aufgelistet und in welchem Bereich sie angewendet werden:

Fingergreifer
sind flexible Greifersysteme, die sich in ihrer Bauform an der menschlichen Hand orientieren. Es hat sich herausgestellt, dass mit nur drei Bauformen der Großteil industrieller Anforderungen abgedeckt werden kann. Dies sind der Zwei-Finger-Griff, der Drei-Finger-Parallelgriff und der Drei-Finger-Zentrischgriff.
Kistengreifer (oder auch Kartongreifer)
kommen v.a. in der Produktion und dem Versand zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe können Kisten und Kartons einfach transportiert werden, indem am Endglied eines Krans ein Kartongreifer angebracht ist.
Felgengreifer
der Name verät seine Funktion: Mit ihm ist der Transport von Felgen möglich (z.B. Palettieren & Depalettieren). Auch Räder können damit bewegt werden, weshalb der Felgenreifer auch als Radgreifer bezeichnet wird.
Vakuumgreifer (Sauggreifer)
können mit dem Werkstück besonders schonend umgehen und eignen sich daher z. B. für die Handhabung von Glas. Auch beim Transportieren von CDs ist viel Vorsicht gefragt. Vakuumgreifer sind aber z.B. auch in der Verpackungsindustrie weit verbreitet, da sie sich besonders gut formlabilen Folien anpassen können.

Heutzutage ist außerdem die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter, bezeichnet als MRK / Mensch-Roboter-Kollaboration, ein wichtiges Thema. Nicht nur die kollaborierenden Roboter ( Cobots) selbst, sondern auch der Greifer am Roboter muss eine sichere Zusammenarbeit mit dem Menschen gewährleisten. Das Video zeigt die Arbeit mit einem kollaborierenden Greifersystem im Anwendungsfall. Ein völlig autonom arbeitendes Greifsystem kommt dagegen beim Bin Picking zum Einsatz.

Greifer-Lösungen

Fertige Greiferlösungen werden als Greiferbaukasten angeboten.

  • ZIMMER GROUP: zählt zu einem der Weltmarktführer mit Schwerpunkten in der Greif- und Schwenktechnik sowie dem “End of Arm Tooling” an Robotern. Von der Entwicklung bis zur Endmontage werden vorwiegend pneumatisch und elektrisch angetriebene Handhabungskomponenten und Systeme vertrieben. Zu den Kunden zählen die Robotersystemhäuser, Portalbauer, Montageanlagebauer sowie Verketter der Anlagenarchitekturen. Das Produktprogramm umfasst über 3.000 standardisierte, in einem Baukasten verfügbare Handhabungskomponenten, die zu Systemen durch die Zimmer Group oder den Kunden verbaut werden können.
  • Bei Greifersystemen hat FAUDE sowohl Robotergreifer als auch Vakuum-Sauggreifer im Angebot.
  • FIPA bietet verschiedene Greifersysteme wie z.B. Winkelgreifer, Mangetgreifer, Greifzangen und Greiffinger.
  • F.EE: Verfahrachsen, Konsolen und weiterem Zubehör für Robotik-Anlagen Robotergreifer vorwiegend für Handling- und Montageaufgaben auf Basis eines Aluminiumprofilsystems im Baukastenprinzip konstruiert und gefertigt.
  • KUKA: Bezüglich Endeffektoren gibt es bei KUKA bspw. pneumatisch oder elektrisch betrieben Greifersysteme wie den Mutlifunktions-Endeffektor von KUKA oder den Mutterschraub-Endeffektor von KUKA.
  • Schunk ist Spezialist im Bereich Greiftechnik. Das Unternehmen bietet das weltweit größte Sortiment im Bereich Greifersysteme und Spanntechnik und liefert seine Produkte an Kunden der Automatisierungstechnik, Robotik oder des Anlagenbaus. So stellt Schunk bspw. Winkelgreifer, Parallelgreifer und Zentrischgreifer her.
  • AGS Automation bietet Greiferbaukästen mit über 2.500 Bauteilen an - so können Greifersysteme leichter zu einem Produkt zusammengebaut werden.
  • IPR ist Anbieter von Parallelgreifer, Winkelgreifer, Spezialgreifer, Greifersysteme und Greiferzubehör.

Nicht-industrielle Bereiche

Greifzangen, Greifärme oder Greifer werden auch im nicht industriellen Bereich hergestellt, angewandt und vertrieben (Amazon, Ebay, Büro-/Baumärkte). Hierbei handelt es sich meist um einfache, vom Menschen zu bedienende Werkzeuge wie Mällgreifer oder andere Greifzangen.

Angrenzende Themen:

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