SAP Stammdatenmanagement
Stammdaten und andere Daten
Stammdaten
Stammdaten werden die Daten genannt, die in Form von Stamm(daten)sätzen mit einer lang dauernden Gültigkeit abgelegt und selten bis niemals geändert werden. Dazu zählen beispielsweise aus dem Bereich Mitarbeiter Informationen wie die Personalnummer, das Geburtsdatum und der Geburtsort sowie die Steuernummer.
Bewegungsdaten
Den Gegensatz dazu bilden Bewegungsdaten. Sie verändern sich und haben einen nur temporären Bezug zu den Stammdaten. Typische Arten der Bewegungsdaten sind beispielsweise Aufträge, Lieferpositionen, Lagerbestände etc. Bewegungsdaten gehören auch zu den Datentypen, die im Rahmen von Housekeeping-Aktivitäten regelmäßig zuerst archiviert und/oder gelöscht werden.
Bestandsdaten
Bestandsdaten sind zeitlich variant und zeichnen sich durch Dynamik aus. Sie werden langfristig gehalten und sind oft Grundlage analytischer Auswertungen.
Primäre Stammdaten
Primäre Stammdaten können für sich allein stehen und haben keinen weiteren Ursprungsbezug zu anderen Datensätzen. Das sind etwa Datenobjekte aus den für SAP Systeme klassischen sechs Bereichen: Material und Artikel, Kunde, Lieferanten und Geschäftspartner sowie Mitarbeiter.
Sekundäre Stammdaten
Sekundäre Stammdaten hingegen haben einen Bezug zu anderen Datensätzen, typischerweise den primären Stammdaten, und können nicht für sich allein stehen. Beispiele hierfür sind relativ feststehende Datenobjekte Preise/Konditionen, Stücklisten und Arbeitspläne, die für sich allein zusammenhanglos sind und nur in Verbindung mit Material bzw. Artikeln ihren Sinn beziehen.
Herausforderungen im Stammdatenmanagement
Im Stammdatenmanagement wird häufig von einem Lebenszyklus der Stammdaten gesprochen, von der Ersterfassung über die Maintenance bis hin zur Archivierung oder Löschung. Oberstes Ziel des Stammdatenmanagements ist es dabei die Datenqualität möglichst hoch zu halten, da diese die Grundlage für vielerlei Analysen und Reportings bilden. Diesem Qualitätsanspruch steht entgegen, dass bei der Erfassung und Maintenance der Stammdaten vorhandene Policies nicht beachtet werden, zumal Stammdaten auch regelmäßig an unterschiedlichster Stelle von unterschiedlichen Personen bearbeitet werden.
Im Einzelnen umfassen die Herausforderungen unter anderem folgende Aspekte:
- Definition der Verantwortlichkeiten für Stammdaten-Objekte und -Felder (wer erfasst Stammdatensätze bzw. Teile von diesen, wer kontrolliert/gibt frei, wer aktualisiert etc)
- Zuordnung der Stammdaten zu Fachbereichen (v.a. im Bereich der Materialwirtschaft oder im Einkauf)
- Zeitgerechte Bereitstellung von Stammdaten und korrekte, zeitnahe Erfassung neuer Stammdaten (manuelle Sichtprüfung vs. automatische Syntax-/Semantik-Prüfungen)
- Regelmäßige Prüfung der Stammdaten auf Status, Vollständigkeit und Qualität, inkl. pro-aktiver Benachrichtigung bei Fehlern bzw. Inkonsistenzen
- Konsistenz, Doppelanlagen, Gültigkeitsdauer, konkretes Suchen und Auffinden ("Schlauch, Durchmesser 1 cm, Stärke 5 mm, Länge 80 cm" vs. "Schlauch, Länge 80 cm, Durchmesser 1 cm, Stärke 5 mm" vs "Schlauch, Stärke 5 mm, ...." etc)
- Zeitnahe und abgestimmte Korrekturmaßnahmen durch Workflow-gesteuerte Pflegeprozesse mit Mehr-Augen-Prinzip und Freigabeschritten (inkl. Archivierung/Löschung)
- Einhaltung DSGVO (v.a. in den Bereichen Kunden und Mitarbeiter)
- Sicherung der Datenqualität
Gerade in komplexen SAP Landschaften mit weit verteilten Verantwortlichkeiten in der Stammdatenerfassung kann die Qualität der Stammdaten ohne Werkzeuge (Beispiele s.u.) kaum noch unterstützt werden. Auch speziell im Zusammenhang mit der massenhaften Anlage oder mit massenhaften strukturellen Updates bieten sich Verfahren an, in denen Best Practices externe Mittel wie Excel-Sheets dieses deutlich beschleunigen können. Des Weiteren sollten Datenverantwortliche mit regelmäßigen und umfassenden Qualitätsprüfungen die Korrektheit und Aktualität der primären wie sekundären Stammdaten sicherstellen, reine Stichproben reichen erfahrungsgemäß nicht mehr aus.
DSGVO
Seit Inkrafttreten der DSGVO haben Kunden, Interessenten, Partner und nicht zuletzt auch Mitarbeiter das umgangssprachlich sogenannte „Recht auf Vergessenwerden“. Diese können also regelmäßig nach Abschluss der geschäftlichen Transaktion die Löschung ihrer personenbezogenen Daten verlangen. Wie aber passt das mit den gesetzlichen Aufbewahrungspflichten zusammen?
In vielen Fällen wird hier mit ausgeprägten Archivierungs- und Berechtigungskonzepten gearbeitet. Zum Beispiel mit Programmen, die eine Anonymisierungskomponente sowie einen Datentresor beinhalten, in dem solche Daten auf Knopfdruck verschlüsselt abgelegt und sehr einfach Zugriffs-begrenzt werden können.
Basis dafür sind als obsolet gekennzeichnete Datensätze. Dies sind solche Daten, die mit keinen aktiven Geschäftsvorfällen verbunden sind. Sollen bzw. dürfen diese nicht direkt gelöscht/archiviert werden, sondern müssen grundsätzlich weiterhin zur Verfügung stehen, kommt als Option der Datentresor zum Einsatz.
Stammdaten in Testsystemen
Abzugrenzen hiervon sind die nicht produktiven Systeme wie Entwicklungs-, QA-, Konsolidierungssysteme, Schulungs- oder Projektumgebungen. Während bei den produktiven Systemen das oben beschriebene Recht auf Vergessenwerden besteht, verhält es sich bei den nicht produktiven Systemen nicht so leicht. Aufgrund der absoluten Zweckbindung bei der Erfassung und Nutzung personenbezogener Daten gemäß DSGVO dürfen auf diesen in den meisten Fällen überhaupt keine sensiblen Daten verarbeitet werden. Um Geschäftsprozesse und -abläufe trotzdem sinnvoll testen zu können, wird hier häufig die DSGVO nicht ausreichend eingehalten und mit echten Daten getestet. Eine Lösungsmöglichkeit bietet hierfür eine logikkonsistente Anonymisierung der Echtdaten auf diesen nicht-produktiven Systemen.
Typische Projektvorhaben für Stammdaten und Stammdatenmanagement
In der Praxis gibt es neben dem geschäftlichen Normalbetrieb, in dem Stammdaten verarbeitet und angereichert wird, einige typische Projektvorhaben, in denen dem Stammdatenmanagement besondere Aufmerksamkeit zuteil wird / werden sollte. Dabei handelt es sich in erster Linie um:
- Migrationen in der Tool-Landschaft: in allen geschäftskritischen Prozessen, die mit Stammdaten arbeiten, z. B. von Legacy-Landschaften zu SAP Systemen
- Migrationen innerhalb der Applikationsumgebungen wie das derzeit gerne genommene Beispiel der Migration von SAP R/3 zu SAP S/4HANA
- Mergers und Akquisitions mit der Zusammenführung mehrere Altsysteme in ein konsolidiertes System
- DSGVO-Projekte, in denen vorwiegend die Rechte auf Auskunft, auf Korrektheit der Daten und auf das Vergessenwerden fokussiert werden
All diesen Projekten ist größtenteils gemein, dass Stammdaten in ein neues System bzw. in ein neues Datenmodell überführt oder aber mit neuen Regelungen gehandhabt werden sollen. In der Praxis hat sich bei projektspezifischen Analysen herausgestellt, dass durchschnittlich etwa 50 %, in Einzelfällen sogar bis zu 80 % der Stammdaten fehlerhaft, veraltet und/oder nicht migrationsrelevant sind. In diesen Fällen sorgt die mangelhafte Stammdatenqualität unter Umständen für unnötige Projektaufwände, in denen große Datenmengen sinnlos migriert und verifiziert werden. Weiterhin belegen diese Daten auch Speicherplatz streckenweise signifikanten Umfangs.
In diesen Fällen drängen sich Analyse- und Housekeeping-Aktivitäten als vorgelagerte Aktivitäten vor dem eigentlichen Projektstart geradezu auf.
Marktübersicht für SAP Stammdatenmanagement-Lösungen
Neben der SAP SE sind einige Anbieter mit Lösungen unterschiedlicher Reifegrade und Einführungsaufwände auf dem Markt. Teils mit und ohne DSGVO-gemäßer Handhabung.
- Libelle
- ISO-Gruppe
- Itelligence
- ISB AG